No-Go-Sätze und Sprechblasen
– nicht nur auf Gemeindeseiten
Wie spricht man Menschen an? Womit eröffnet man ein Gespräch? Solche Fragen zu beantworten fällt vielen Textern schwer. Aus Verlegenheit wird dann zu Sprechblasen gegriffen, die überall und zu allen Themen im Netz zu finden sind und damit eine internetübliche Sprach-Ödnis auf die eigene Seite verlängern.
Im Folgenden eine Auswahl beliebter Produkte aus der Phrasendreschmaschine, die man besser durch originellere Redeweisen ersetzen sollte. Manche sind sogar komplett verzichtbar, weil sie sachlich falsch oder unlogisch sind. Oder gar gelogen.
- »Willkommen auf unserer Homepage!«
Wo denn sonst? Selbst der unerfahrenste Internetnutzer rechnet wohl nicht damit, beim Aufruf einer Homepage versehentlich unangeklopft im Badezimmer des Anbieters zu landen. - »Wir freuen uns, dass Sie sich für unsere Gemeinde interessieren.«
Könnte es sein, dass sich jemand vorrangig für Gott interessiert statt für einen religiösen Freizeitverein? - »Wir freuen uns auf Sie!«
Vorsicht mit Versprechungen ins Blaue hinein! Sicher freuen wir uns auf gutbürgerliche Neubesucher, mit denen man gepflegt parlieren kann. Was aber, wenn ein ungewaschener Penner (Jesu Lieblingszielgruppe) kommt und die Sitznachbarn mit seinem Aroma beglückt? Tapfer weiterfreuen, denn versprochen ist versprochen! - »Willkommen bei / in . . .«
. . . aber wo, bitteschön, örtlich? Na, wer in unseren Räumen persönlich erscheinen will, kann die Adresse doch gefälligst selbst recherchieren. Steht schon irgendwo auf der Homepage.
Eine beliebte Methode, Menschen subtil darauf hinzuweisen, dass sie die Homepage gern bewundern dürfen, uns aber ansonsten vom Halse bleiben sollen. Gern auch verwendet in Kombination mit dem nächsten Satz: - »Wir würden uns freuen, Sie begrüßen zu dürfen.«
Blabla-Satz, der zigtausendfach im Netz zu finden ist und schon lange keine Überzeugungskraft mehr besitzt (so er je eine besaß).
Tipp nebenbei: Konjunktiv ist fast immer schlecht. - »Wir sind eine junge, wachsende und lebendige Gemeinde.«
Selbst wenn das stimmen sollte – weiß man denn nicht, welche sensorische Wahrnehmung Eigenlob bewirkt? - »Unsere Vision ist … Unser Anliegen ist … Unser Ziel ist …
Wir wollen/möchten tun/sein … «
Wie lange steht das schon auf der Homepage? Was ist jemals daraus geworden? Absichtserklärungen, die nichts wirklich erklären; Definitionen von Zielen, die offenbar nie erreicht werden; Visionen, die sich nie erfüllen. Bemitleidenswert. - »Wir verstehen uns als …«
Was immer an mehr oder weniger sinnvollen Ergänzungen dieses Satzbeginns folgen mag – es wird allein durch seine gedrechselte Einleitung entwertet. - »Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für die Inhalte externer Links.«
Eine der beliebtesten Lügen. Wahrheit ist eher, dass eine inhaltliche Kontrolle (auf was denn?) nie stattgefunden hat, geschweige denn regelmäßig wiederholt wird. Wozu auch? Die gesetzten Links führen alle zu harmlosen Seiten, auf denen keine Kriminalität zu erwarten ist. Ziemlich überflüssiges Geschwätz. - »Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten.«
1. Wenn man jemanden 'gelinkt' hat, sollte man sich besser von sich selbst distanzieren, d.h. sich entschuldigen.
2. Wozu wurden die Links einst freiwillig gesetzt, wenn man auf diese Weise vor ihnen warnt? Unglaubwürdig.
- »Die Inhalte dieser Seiten wurden mit größter Sorgfalt erstellt.«
Wer soll das glauben? Wen will man damit überzeugen? Eine ohne Geistesarbeit per Copy&Paste eingefügte Behauptung, die in 99% ihres Vorkommens fürchterlich übertrieben, wenn nicht sogar gelogen sein dürfte. - »Wir nehmen den Schutz Ihrer Daten ernst.«
Den Satz sollte man besser nicht ernst nehmen. Denn er ist lediglich mit der Kunst des Copy&Paste auf diese Seite gelangt und gibt nicht unbedingt eine ehrliche Auskunft über die Absichten des Kopierers. Man findet diese Behauptung übrigens auch auf Gemeindeseiten, die offenkundig gegen Datenschutzvorschriften verstoßen. - »Die Nutzung der Webseiteninhalte erfolgt auf eigene Gefahr«
Muss ich den Unsinn eines solchen Satzes noch erklären? Mit welcher Sorte Gefahren bedroht die Gemeinde denn ihre Seitenbesucher? Vor was sollte man sich in Acht nehmen müssen? Blabla der dümmeren Sorte. - »Ein Besuch lohnt sich.«
Einen diffusen, möglichst unverbindlichen Vorteil versprechen, auf den sich hinterher niemand berufen kann, dem sich aber mit etwas Rabulistik eine Erfüllung andichten lässt. Wer nichts konkret Gutes über seine Veranstaltung zu sagen weiß, greift auf solche Plattitüden zurück. Ein Verzweiflungsakt. - »Hier ist was los!«
So verkündet man den Sieg der Betriebsamkeit über Inhalte. Lebendigkeit behaupten ohne konkret zu werden in der verzweifelten Hoffnung, so könne man dem Leser den Verdacht ausreden, der Gemeindebetrieb sei eine gähnend langweilige Sache. - »Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: ....«
Aua! Hat sich da nicht jemand im Ton vergriffen? Ist das die Sprachmelodie, mit der eine christliche Gemeinde in der Öffentlichkeit auftritt? Zusätzlich ist der Text, der regelmäßig nach dem Doppelpunkt kommt, juristischer Nonsense. Hat aus mehreren Gründen auf einer Gemeindeseite nichts zu suchen.
- »Wie gefällt Ihnen unsere Internetpräsenz?«
Peinliches Outing der eigenen Eitelkeit. Die Webseite selbst soll also Gegenstand der Besucheraufmerksamkeit sein. Was inhaltlich gesagt wird ist's wohl nicht wert?
- to be continued ...