Disclaimer & Co. II
"... mit größter Sorgfalt erstellt …"
Bescheidenheit ist keine Eigenschaft eines gestandenen Webseitenbetreibers. Es wird geklotzt, nicht gekleckert. Christliche Anbieter machen da keine Ausnahme. Auch sie versprechen dem Seitenbesucher zum Beispiel gern, die Inhalte der Seite verantwortungsbewusst und mit Bedacht gewählt zu haben. Die dabei verwendeten vollmundigen Formulierungen lauten etwa: "Die Inhalte dieser Seite wurden
- … mit großer Sorgfalt …
- … mit größter Sorgfalt …
- … mit allergrößter Sorgfalt ...
- … mit größtmöglicher Sorgfalt
erstellt."
Boah!
Man könnte beeindruckt sein. Soviel Aufwand! Soviel Mühe!
Welchen Wert, oder besser: welche Wertlosigkeit solche Schwüre besitzen, illustriert das abgebildete Beispiel, das exemplarisch für viele andere steht:
Behauptung und Gegenbeweis stehen nahe beieinander. Die Gemeinde hätte auch mit einfacher Sorgfalt in Erfahrung bringen können, dass es die zitierten Gesetze seit Jahren nicht mehr gibt. Wieso aber zitiert sie falsch, wo sie doch Sorgfalt behauptet hat? So ist sie letztlich über ihre eigenen Füße gestolpert.
Wenn die Gemeinde die versprochene größte Sorgfalt angewendet hätte, könnte sie sogar auf die Einsicht gestoßen sein, dass der gesamte Text unter der Überschrift "Haftungsausschluss" nutzlos ist und daher als von Jesus verworfenes Geschwätz auf der Seite nichts zu suchen hat. Er hätte selbst dann keinen Nutzen, wenn statt der veralteten die aktuellen Vorschriften zitiert worden wären. Denn anders als weitgehend geglaubt, sind solche Texte, egal in welcher der verfügbaren Textvarianten sie präsentiert werden,
- weder aus Gesetz noch aus Rechtsprechung gefordert und
- ohne Wirkung für die rechtliche Sicherheit des Seitenanbieters.
Textblöcke mit wertlosen Inhalten aber sollten den Seitenbesuchern schon aus Gründen der Nächstenliebe nicht zugemutet werden. Auch passen sie nicht in ein Umfeld der Guten Nachricht.
Merke:
- Das Internet ist keine jesusfreie Zone. Worte Jesu müssen auch hier ernst genommen werden – auch in den administrativen Bestandteilen wie den Impressumseiten.
- Das Problem sind nicht die falschen Paragrafen, sondern das so offensichtlich falsche Versprechen.
- Ein Versprechen größter Sorgfalt sollte eingehalten und nicht bloß von anderen Seiten abkopiert werden. Wenn man es nicht halten kann, sollte man es weglassen. Ehrlich bleiben!
- Wenn man bei den Gesetzen nicht durchblickt sollte man auch keinen Durchblick vortäuschen. Es müssen nicht korrekte Paragrafen benannt werden, unkorrekte schon gar nicht. Man lässt sie also einfach weg.
- Die umfassendste und gleichzeitig einfachste und beste Lösung ist der Komplettverzicht auf Disclaimertexte. Sie sind, wie schon gesagt, sachlich wirkungslos und geistlich unvertretbar.